Wintersemester 2008/2009
Das Ideal der Europäischen Stadt scheint heute im Städtebau unbestritten. Hat die Postmoderne, Aldo Rossis „Architektur der Stadt“ also die klassische Moderne überwunden? Ist die Alte Stadt auch das Bild der Zukunft? Das Seminar befragt eine alternative Entwicklung innerhalb der modernen Architektur seit 1945, eine „reflexive“ Moderne, die den monotonen Funktionalismus Le Corbusiers in Frage stellte, ohne den späteren Historismus der Postmoderne und deren nostalgische Stadtidee zu bemühen. Das Team Ten, eine junge Generation im CIAM, der internationalen Organisation moderner Architekten formulierte vom Ende der Vierziger Jahre bis in die Mitte der Sechziger Jahre ein komplexes Modell einer funktional gemischten und räumlich vielfältigen Stadt. Diese Vision sollte die Qualitäten der historischen Stadt in die Ästhetik und das Raumverständnis der Moderne übersetzen.
Das Seminar versteht sich als theoretische und experimentelle Begleitung der Arbeit am Masterplan für die Olympiade 2012 in London. Es wird unterstützt von Happold Engineers, London, einem der federführenden Büros des Masterplans, der einen völlig neuen Stadtteil am östlichen Rand des East Ends vorsieht.
In einem ersten Schritt werden Theorien zur Event City und andere Modellen einer an Großereignissen orientierten Stadtplanung diskutiert und an einzelnen Beispielen geprüft. Bedingungen für Erfolg (Barcelona) oder Scheitern (Athen) werden bestimmt.In einem zweiten Schritt wird eine historisch fundierte Analyse der städtebaulichen Struktur und Entwicklung Londons erarbeitet. Die Besonderheiten des East End werden in diesem Kontext fokussiert.Im Hauptteil wird ab Dezember die Masterplankonzeption Olympia 2012 untersucht. Vor Beginn des Sommersemesters wird eine Exkursion nach London die Analysen vor Ort überprüfen und, auch mittels Stegreifentwürfen, präzisieren. Der nach der Olympiade 2012 geplante Neubau eines Stadtteils wird neben der Planung der Infrastruktur, die eine des 19. Jahrhunderts ersetzen wird, im Mittelpunkt unserer Untersuchung stehen. Städtebauliche Leitbilder und Modelle städtischen Wohnens werden dabei ebenso thematisiert wie die sozialen, ökologischen und kulturellen Effekte der Planung.